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KZF-Communityevent #2: Rückblick

Einführung in das Event

Das zweite Communityevent unter dem Motto ‚Kritische Zukunftsforschung in der Praxis‘ versammelte über 20 Teilnehmende, um tiefgründige Einblicke und Diskussionen rund um die Anwendung kritischer Zukunftsforschung zu teilen. Drei Vortragende präsentierten ihre Erkenntnisse in kurzen, fünfminütigen Impulsen, die anschließend in Kleingruppen und im Plenum reflektiert wurden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die präsentierten Themen und die lebhaften Diskussionen, die unsere Community bereichert haben.

Impuls 1: Blindspots of New Work von Anika Keils

Anika Keils beleuchtete in ‚Blindspots of New Work‘ die Vernachlässigung geschlechts- und intersektionaler Machtverhältnisse im Arbeitskontext. Ihre Forschung zielte darauf ab, die unausgesprochenen Voraussetzungen und blinden Flecken der ‚Neuen Arbeit‘ zu identifizieren, die strukturelle Defizite und Marginalisierung perpetuieren könnten. Sie deckte auf, wie der Mythos der Meritokratie strukturelle Ungleichheiten und die Notwendigkeit einer gerechten Verteilung von Care-Arbeit ignoriert, indem er sich auf individualisierte Selbstverwirklichung konzentriert. Keils Arbeit fordert eine kritische Reflexion der ‚Neuen Arbeit‘ hinsichtlich ihrer Fürsorgepflichten und der idealisierten Vorstellung eines „unbelasteten“ Arbeitnehmers, der von sozialen und familiären Verpflichtungen losgelöst ist.

Ihre Handlungsempfehlungen plädieren für einen Wechsel von individueller zu kollektiver Handlungsfähigkeit, die Umverteilung von Care-Arbeit für mehr Selbstbestimmtheit und eine Neubewertung von „Arbeit“, die intersektionale Gerechtigkeit berücksichtigt. Diese kritische Perspektive zielt darauf ab, ein inklusiveres Arbeitsumfeld zu fördern, das alle Lebensrealitäten anerkennt und wertschätzt.

Impuls 2: Wünsche als Impulse für Transformation von Jannis Hülsen

Jannis Hülsen, selbstständiger Designer, präsentierte das transformative Projekt ‚Wünsche an morgen‘, das im Wissenschaftsjahr 2022 initiiert wurde. Das Projekt untersuchte, wie Wünsche gesellschaftliche Veränderungen anstoßen können, indem es an fünf ländlichen Standorten durchgeführt wurde. Jannis nutzte Wünsche als Mittel, um Menschen dazu zu bringen, sich eine Zukunft vorzustellen und daraus konkrete Handlungsansätze abzuleiten. In den ‚Wunschlaboren‘ wurden aus den gesammelten Wünschen Fragen entwickelt, die wiederum in ‚Wunschlandkarten‘ mündeten, um individuelle und kollektive Anliegen zu differenzieren und spezifische Handlungsoptionen zu formulieren.

Ein konkretes Ergebnis dieser Methode ist der kostenlose Fahrradverleih in Schmalkalden, Südthüringen, der auf der Basis von Fahrradspenden aufgebaut wurde. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie aus dem Prozess der Wunscherhebung und Gemeinschaftsbeteiligung praktische und selbstorganisierte Initiativen entstehen können. Es zeigt die Effektivität von offenen, partizipativen Prozessen bei der Entwicklung und Finanzierung gemeinnütziger Projekte und betont die Rolle von Wünschen als kraftvolle Impulse für gesellschaftliche Transformationen.

Impuls 3: Loosening the Future von Johannes Kleske

Johannes Kleske, Mitbegründer unserer Community, teilte tiefgreifende Einsichten in die kritische Zukunftsforschung und deren Potenzial, vorherrschende Zukunftsbilder zu dekonstruieren. Durch gezielte Fragen wie „Wer propagiert diese Zukunft?“, „Wer kommt in dieser Zukunft vor – und wer nicht?“ und „Wer gewinnt in dieser Zukunft?“ lud er dazu ein, die Beschaffenheit und Erreichbarkeit gewünschter Zukünfte kritisch zu reflektieren. Diese Fragen dienen als Werkzeuge, um zu erkunden, welche Mächte und Interessen hinter bestehenden Zukunftsvisionen stehen und wie alternative Zukünfte gestaltet werden können.

Diese kritische Auseinandersetzung lädt dazu ein, nicht nur über die Erreichbarkeit von Zukünften nachzudenken, sondern auch über die dahinterstehenden Geschichten und Überzeugungen. Es geht darum, zu hinterfragen, wer in den Debatten um die Zukunft die Agenda bestimmt und wer als Gatekeeper im öffentlichen Raum der Zukunft agiert. Indem wir solche Fragen stellen, können wir beginnen, die Machtstrukturen zu dekonstruieren, die unsere Vorstellungen von der Zukunft formen, und Wege finden, wie wir diese Zukunft gemeinsam gestalten können, sodass sie inklusiver und gerechter wird.

Offene Abschlussrunde: Kritische Reflexion und der Weg nach vorn

Die Abschlussrunde des KZF-Communityevent #2 hat eindrucksvoll unterstrichen, wie essentiell das Stellen von Fragen für den Prozess des Handelns und der Veränderung ist. Teilnehmende betonten, dass bereits die Formulierung einer Frage ein erster Schritt in Richtung einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Status Quo ist – sei es dessen Veränderung oder Erhaltung. Die Diskussion eröffnete einen tiefgründigen Dialog über die Komplexität von Veränderungsprozessen und die oft unterschätzte Kraft von Nicht-Handlung als eine Form der Veränderung. Es wurde hervorgehoben, dass sowohl die Beibehaltung des Bestehenden als auch die Anstrengung einer Haltungsveränderung bedeutende Energie erfordern, was deren Unpopularität in Teilen erklärt.

Die Bedeutung von Zukunftsforschung und Szenarioarbeit wurde besonders betont, vor allem im Hinblick auf bevorstehende Herausforderungen und die Notwendigkeit von Veränderungen. Dabei wurde klar, dass eine gründliche Analyse allein nicht ausreicht, um Akzeptanz zu erzeugen oder zum Handeln zu motivieren. Die Diskussion beleuchtete die Dringlichkeit, Brücken zwischen theoretischer Szenarioarbeit und praktischem Handeln zu bauen, um wirkliche Veränderungen zu bewirken.

Ein weiterer zentraler Diskussionspunkt war die Unterscheidung zwischen den Konzepten des Gestaltens und des Verhaltens. Die Teilnehmenden regten an, über „Design“ als bewusste Synthese von Gestaltung und Verhalten nachzudenken, um so die Wechselwirkungen zwischen Absichten, Handlungen und deren Auswirkungen auf die Zukunft zu verstehen. Diese abschließende Runde bot nicht nur einen Rahmen für reflektierte Diskussionen, sondern auch wertvolle Einblicke in die Dynamiken von Veränderungsprozessen und die Rolle der Zukunftsforschung bei der Gestaltung kommender Realitäten.

Fazit

Das KZF-Communityevent #2 hat eindrucksvoll demonstriert, welche Vielfalt und Tiefe die Beschäftigung mit kritischer Zukunftsforschung bieten kann, und hat deutlich die Vorfreude auf eine Fortsetzung geweckt. Nachdem das erste Event die grundlegende Definition der kritischen Zukunftsforschung thematisierte und das zweite Event den Praxisbezug in den Mittelpunkt stellte, wird das dritte Event an der spannenden Schnittstelle von Theorie und Anwendung ansetzen. Es widmet sich der prominentesten Methode der kritischen Zukunftsforschung und verspricht, die Diskussion weiter zu vertiefen.

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